Montag, 1. Dezember 2014

Der BVB in der schlimmsten Krise seit 1909

Der BVB steckt im Abstiegskampf der Bundesliga und wäre, wenn heute Ende der Saison wäre, dem Abstieg nur gerade so entkommen. Einem der wirtschaftlich am stärksten aufgestellten Vereine hinter dem FC Bayern würde mit dem Abstieg der Super-GAU passieren. Mit einem Abstieg in die zweite Liga wären sämtliche Top-Spieler und Weltstars wie Marco Reus oder Mats Hummels direkt weg, Sponsoren würden vermutlich abspringen und, dass sich der Verein sportlich in den nächsten Jahren erholt, wäre mehr als unwahrscheinlich. Mindestens zwei Jahre ohne internationalem Wettbewerb, es sei denn man würde bis ins Finale des DFB-Pokals vorrücken, hinzu noch ein Kader mit großem Fragezeichen.

Dieses Szenario klingt so surreal, wie es tatsächlich real ist. Doch wieso ist der Verein ganz unten in der Tabelle angekommen und warum befindet er sich in der wohl schlimmsten Krise des neuen Jahrtausends, schlimmer als die Krisen in den Saisons 1999/2000 und 2006/2007 als der BVB fast abgestiegen wäre und schlimmer als 2004/2005, wo die Insolvenz drohte. 

J. Klopp hatte dieses Jahr nur selten ein Lächeln im Gesicht
Die Problematik fängt dort an, wo man in der Regel als erstes den Schuldigen sucht: beim Trainer. Jürgen Klopp mag zwar der Trainer der Borussia sein, ist gleichzeitig aber auch ein Stück schwarz-gelbe Familie. Dies garantiert nicht gleich einen Job und eine Entlassung dessen würde einem börsennotierten Verein, wie dem BVB auch weniger stören, wenn da nicht die Auferstehung und die Erfolge der letzten Jahre wären. Jürgen Klopp schaffte es den Verein von ganz unten bis ins Champions-League von London 2013 zu bringen. Eineinhalb Jahre später steht er wieder ganz unten. Verlor in den letzten zwei Jahren vier seiner Leistungsträger, zwei davon kamen wieder nach Dortmund zurück. Geplagt von einer schwierigen Vorbereitung, dem wieder verletzten Superstar Marco Reus und einem Neuzugang, der in Dortmund noch lange nicht angekommen ist. Paradoxerweise läuft es zwar im Ligabetrieb nicht, in der Champions-League dagegen führt man die Gruppe mit neun Punkten und neun zu null Toren unangefochten an.

Fehlende Motivation?

Der letzte Erfolg scheint eine Ewigkeit her. Dabei liegen
zwischen CL Finale 2013 und heute nur anderthalb Jahre.
Möglich. Die Borussia hat, bis auf die Abgänge von Mario Götze und Robert Lewandowski, die Mannschaft zusammengehalten und teilweise noch verstärkt. Der Großteil war 2012 Double-Gewinner und stand 2013 im Champions-League Finale von London. Ebenso liefern sich die gleichen Spieler das Duell mit den Bayern. Da kann der Liga-Alltag schnell nicht mehr ausreichend  genug sein immer seine beste Leistung abzurufen, wenn man weiß, dass möglicherweise erst im März und April die Entscheidung über Erfolg oder Misserfolg fällt. Beispiele dafür gibt es im Spiel des BVBs genug. Da wären die zahlreichen Torchancen, die nicht genutzt werden oder die Stockfehler in der Defensivarbeit, die nahezu immer bestraft wurden. Fehlende Konzentration als Quelle der Krise? Zumindest trägt sie ihren Teil dazu.

Das Bayern-Syndrom nach einer Weltmeisterschaft.

Die Bayern machten es vor, der BVB scheint zu folgen. Nach großen Turnieren hatte der FC Bayern in der Vergangenheit immer Probleme in den Ligaalltag einzusteigen, doch nie waren sie in Gefahr die oberen Top-3 Plätze zu verpassen. Einen ähnlichen Stolperstart legten die Schwarz-Gelben hin, doch statt sich zu akklimatisieren und an die eigenen Stärken zu glauben, bekam das Team es mit der Angst zu tun und stürzte ab. Soweit, dass selbst nach dem ersten Viertel der Saison die internationalen Plätze schon fast nicht mehr erreicht werden können. Und die Situation ist real. Die Konsequenzen wären sportlich, wie wirtschaftlich dramatisch. Während der BVB auf dem besten Weg war international eine gefestigte Größe zu werden, scheint es nun so, als wären sie wieder da angekommen, wo sie vor sechs Jahren schon einmal waren. Platz 13 am Ende der Saison 2007/2008.

Diesem Super-GAU gilt zu entkommen. Top-4 scheint unmöglich, doch die Qualität des Kaders ist enorm, vor allem in der Tiefe. Und es liegt an dem Mann dies zu schaffen, der es schaffte die übermächtigen Bayern im DFB-Pokal Finale 2012 zu demontieren. Jürgen Klopp muss an sich und an seinem Lebenswerk arbeiten, nur so kann es möglich sein am Ende der Saison auf einen der internationalen Plätze zu gelangen und somit den Ausverkauf der Borussia zu entgehen. 

Akte Marco Reus.

Am Anfang hoffte man, dass es am Fehlen von M. Reus lag.
Die Realität ist eine völlig andere.
Der Superstar der Borussen ist dauerverletzt. Kaum scheint es wieder besser zu gehen, kommt der nächste Rückschlag. Erst verpasste er die Weltmeisterschaft in Brasilien aufgrund eines Syndesmosebandanriss, darauf folgte eine Verletzung am Sprunggelenk, dann die Bänder- und Sehnenzerrung im Sprunggelenk und jetzt der Außenbandriss. Immer wenn der deutsche Nationalspieler von einer Verletzung wieder kam, spielte er außerordentlich, fast weltmeisterlich. Er schoss Tore, gab Vorlagen und war die Stütze des BVB Angriffs. Von Ausfall zu Ausfall wurde das Leiden der schwarz-gelben Fans größer. Mittlerweile trauert ganz Deutschland über den Verlust dieses Ausnahmefußballers. Reus wird zur Rückrunde zurückkommen, dass steht fest. Vermutlich wieder in glänzender Verfassung, doch wie lange macht der Kopf solche Verletzungen mit? Die Angst, dass bei jedem Sprint mit dem Ball der Gegner angerauscht kommt. Dem Gegenspieler ist in der Regel keine Absicht zu unterstellen. Es ist eben Fußball mit Zweikämpfen, wo es auch mal schief gehen kann. Das Marco Reus oft der Leidtragende ist, kann nur Zufall sein. Zu Marco Reus wird auch nach der Rückkehr noch einiges zu sagen geben, spätestens dann, wenn er verkündet wo er in Zukunft spielen will.


Die Dortmunder sind nach dem geschenkten Sieg gegen Mönchengladbach, dem verlorenen Unentschieden in Paderborn und dem 0:2 in Frankfurt am Ende. Es gibt keine Entschuldigungen mehr, kein Schönreden, der BVB steckt im Abstiegskampf, ob sie wollen oder nicht. 2014 ist nicht nur für Marco Reus ein Seuchenjahr, auch der Verein steckt mittendrin. 2015 kann für beide Seiten nur besser werden, doch das Ziel heißt nicht mehr "Platz 2 oder 3" oder "Hauptsache international", sondern: Klassenerhalt und den Ausverkauf verhindern. Der BVB und seine Anhänger müssen aus der heilen Welt und dem Verständnis des Selbstläufers endlich Abstand nehmen und die Realität annehmen und dagegen ankämpfen. Bis April werden es anstrengende und harte Monate für die einst verwöhnten Spieler und Fans der Borussia.

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