Mittwoch, 23. April 2014

Kommentar zum Film "Stereo"

Wer hat Angst vorm' Deutschen Film?

Viele scheuen sich vor deutschen Filmen, die in die Kinos kommen. Oftmals zu Recht. Wenn nicht gerade Teenie-Star und Frauenliebling Matthias Schweighöfer als Frauen- und Beziehungsversther ausgibt oder ein Till Schweiger versucht der beste Vater und Ehemann der Welt zu sein, haben deutsche (Kino-)Filme oft Probleme richtige Blockbuster zu werden. Ein gutes Beispiel könnte dafür "Schutzengel" mit Moritz Bleibtreu, Axel Stein und Till Schweiger. Ok - viele sagen, der Film wurde auch unter der Hand von Schweiger selbst gedreht und geführt, das konnte ja nichts werden. Andererseits muss auch die Schauspieler mögen - aber dennoch haben deutsche Filme selbst hohe Erwartungen und werden teilweise überbewertet.

Kommen wir aber zum eigentlichen Thema. "Stereo". Ein Film von Maximillian Erlenwein und mit der Besetzung Jürgen Vogel (u.a. Die Welle, Wo ist Fred?) und Moritz Bleibtreu (Das Experiment, Lola rennt, Nicht mein Tag, World War Z) lief als Sneak - nicht Snake.. - Preview im Thega - dafür schon einmal herzlichen Dank, dass nicht wie angekündigt "Tinkerbell" gezeigt wurde.

"Der Film ist wie ein Trip für mich", sagte Jürgen Vogel im NDR Interview Anfang Februar und so fühlt sich der Film auch tatsächlich an. Eine Mischung aus Shutter Island, das Experiment und The Ring kam während des Schauens auf. Eine genaue Zuordnung konnte ich auch nach dem Film nicht treffen. Zu sehr war ich von dem Film geflasht. Ein Thriller - so heißt es es in der Beschreibung - war es in jedem Fall. Von Anfang bis Ende war immer ein flaues Gefühl in der Magengegend. Ich versuchte mich mit aller Gewalt in den Film hineinzudenken. Hunderte Filmszenen schossen mir durch den Kopf und immer wieder die Fragen: Wo geht dieser Film hin? Welche Richtung schlägt er ei? Wie geht der Film aus?

Irgendwann lies ich los. Ich begann mich dem Film hinzugeben und bemerkte, dass ich tatsichlich "wie auf einem Trip" befinde. Grandioses Kino von Anfang bis Ende. Besondere, tiefe Atmosphäre machten den Film "amerikanisch" - ja hollywoodartig. Die schauspielerische Leistung war unfassbar gut und mit "Die Welle" die wohl beste Darstellung von Jürgen Vogel auf der Leinwand. Auch für alle die Jürgen Vogel nicht mögen - dieser Film wird euch umstimmen - garantiert. Das Gleiche gilt für Moritz Bleibtreu. Nach "Nicht mein Tag" der nächste Film, wo Moritz Bleibtreu eine eher ungewohnte Rolle spielt - im Vergleich zu Schutzengel und Das Experiment. Für alle "Hater" deutscher Filme kann ich nur sagen - wer sich den Film entgehen lässt, ist selber schuld.

Der Inhalt - SPOILERGEFAHR

Worum geht es eigentlich? Ich habe zunächst versucht so wenig vom Film zu verraten wie möglich, damit ich jetzt um so mehr schreiben kann. Thematisch geht es darum, dass sich Erik (Jürgen Vogel) in eine neue Frau verliebt hat und ein neues Leben angefangen hat. Er betreibt eine Motorradwerkstatt und kümmert sich fürsorglich um die Tochter seiner Freundin. Nach und nach treten Personen auf, die angeben ihn zu kennen, unter anderem auch Henry, der anfängt ihn zu verfolgen. Damit steigt im Film auch die Dramatik und Spannung. Alles nur ein Alptraum? Der Film an sich verfolgt eine ganz klarer Linie - im Nachhinein. Der Zuschauer wird jedoch bis zum Ende im Dunkeln gelassen. Und genau das macht den Film so unterhaltsam und fesselnd zugleich. Ohne zu viel zu verraten, aber der Titel wurde ebenfalls perfekt gewählt. Viel interessanter sind beim Schauen des Films aber die Fragen: Ist es Real oder doch nur ein Traum? Ist es gar Sience-Fiktion? Auch diese Punkte bleiben bis zum Ende ungeklärt.

Ich saß im Kino, ohne den Trailer dazu vorher gesehen zu haben. Oftmals ist dies ganz gut, manchmal aber ist man so ratlos im Kino, dass man vom Denken Kopfschmerzen bekommt, weil man selbst sich einfach nicht hineinversetzen kann. Bei solchen Filmen hat man ja oft die Gefahr, dass man den Zuschauer vom ganzen herumführen und den ganzen sinnlos erscheinen Szenen noch während des Films verliert. Daher ist an dieser Stelle der Tipp gegeben: Einfach auf sich zukommen lassen und wirken lassen - der Rest passiert von selbst.

Wie ich bereits gesagt habe, leisteten beide Hauptdarsteller eine unfassbar starke Leistung ab. Von völlig freien und zweifellos vulgären Dialogen bis zum harten und angsteinflössenden Psycho-Verhalten ist alles dabei. Aus diesem Grund ist es auch kein Wunder, dass der Film ab 16 ist - und das auch zu Recht. Wer den Film gesehen hat mag sagen, "ok, die paar nackten Frauen hätte man aus rausschneiden können und die Dialoge etwas verändern können", aber dann hat der Film viel von seinem Flair verloren. Ich will nicht sagen, dass der Film von den Dialogen und nackten Frauen lebt - aber ohne diese zwei Faktoren fehlt dem ein wichtiges Element - der Glaubwürdigkeit. Solch ein Psycho-Thriller basiert darauf, dass alles und jeden psychisch krank dargestellt wird und dazu gehören eben auch diese Elemente.

Trotz aller Film-Genialität und großer Schauspielkunst, fehlte dem Film am Ende doch etwas Aufklärung. Die einen sagen Interpretationsfreiheit, die anderen sagen zu viel wirres Zeug was am Ende nicht aufgeklärt wird. Sicherlich wird am Ende nicht hundertprozentig aufgeklärt was im vorherigen Leben von Erik passiert ist - im Grunde spielt dies für den Film und vor allem für das Ende keine große Rolle.

Das Ende ist ebenso konsequent wie auch logisch gemacht. Ein anderes Ende hätte den Film unglaubwürdig gemacht. Dem Zuschauer bleibt am Ende aber die Qual der Wahl: Ist es ein Happy End oder nicht? Ist Jürgen Vogel jetzt ein (tragischer) Held oder nur ein Opfer der Handlung?

Letztendlich stellt sich dann nur die Frage: War alles nur ein Traum?


Fazit:
Zweifellos einer der besten deutschen Produktionen für die Leinwand seit langer Zeit. Sicherlich waren da Kokowäh, KeinOhrMitUndOhneKüken und die Schweighöfer-Filme. Alle aber irgendwo gleich, voraussehbar, klares Ende und sehr künstliche, teils unglaubwürdige Dramatik und Komik. Alles gute und sehenswerte Filme, aber eben keine BLOCKBUSTER und das ist in meinen Augen "Stereo" in jedem Fall. Natürlich fehlt oder erwartet man mehr Action, aber die Tiefe, das Mitfühlen des Charakters und das Ende, dass den Zuschauer spaltet, machen diesen Film zu einem der "Must-See-der-deutschen-Filme".

Pro:
- schauspielerische Leistung
- Gänsehaut-Atmosphäre
- Hollywood-Flair
- der nicht zu sehende rote Faden
- Dialoge
- Mehr Dolby 5.1 als Stereo

Kontra:
- wenig Action
- zu schnelles, teils unglaubwürdiges Ende
- Wenig Details zu den mitwirkenden Charakteren



Der Trailer



Sonntag, 6. April 2014

Die jüdische Currywurst

Einen Tag lang drehte sich in Berlin alles um das Besuchen von Museen. Doch was schaut man sich an, wenn man im Prinzip schon alles einmal gesehen hat? Frischt man sein Wissen nochmal auf oder sucht sich Themen, die einen eigentlich gar nicht so sehr interessieren, aber dennoch noch nicht gesehen hat?

In Berlin gibt es eine Vielzahl an Museen. Besonders viele gibt es zu den Themen NS-Regime, Holocaust und dem Mauerbau. Natürlich gibt es auch noch das Deutsche Historische Museum, was jeder in seinem Leben mindestens einmal gesehen haben muss oder den Berliner Zoo. Ok, ein Zoo ist vielleicht kein Museum, aber dennoch ist er schön und vermittelt eine Menge Wissen. 

Ebenfalls viel Wissen und eine ungeheure Realitätsnähe vermittelt das Deutsche Currywurst Museum in Berlin. Für ermäßigte 12,50€ war der Preis für die bekommende Leistung meiner Meinung etwas hoch, aber dafür bekam man am Ende der Führung noch drei Schalen mit Currywurst in unterschiedlichen Soßen. Dazu gab es noch ein Becher Wasser und ein Brötchen. 

Zum Museum lässt sich sagen, dass es sehr interaktiv gestaltet ist und einen interessanten Einblick in die Geschichte der (Curry-)Wurst gibt. Neben einer interaktiven Imbiss-Bude und dem Probieren von Gewürzen, gab es anschließend die Geschmacksprobe einer Currywurst mit verschiedenen Soßen. Die Probe war - und das muss man dieser Stelle leider sagen - das eigentliche Highlight und eben auch nur zu bekommen, wenn man das teure Ticket kauft.

Dennoch war und ist ein Besuch dieses einzigartigen Museums empfehlenswert. Denn wer kann schon behaupten im Deutschen Currywurst Museum in der Currywurst-Stadt Berlin gewesen zu sein? Dieses besondere Erlebnis war in jedem Fall eine Fahrt wert und wer sich eh schon am Checkpoint Charlie rumtreibt, der kann die 10-15 Minuten Fußweg ohne Bedenken auf sich nehmen. 

Jeder Mensch, der sich mit der jüdischen Kultur auskennt, der wird wissen, dass Juden kein handelsübliche Currywurst essen würden. Und ob eine Currywurst aus Tofu, Lamm oder Huhn wirklich schmeckt darf man an dieser Stelle gerne bezweifeln. Bevor das Ganze hier aber in Blasphemie endet, kläre ich kurz die "jüdische Currywurst" auf. Im Anschluss an das Currywurst Museum war ein Besuch im "Jüdischen Museum" geplant und da dieser Blog über beide Besuche handelte, entschied ich mich für einen provokanten Titel.

Eigentlich war der Besuch des jüdischen Museums nie auf meiner Agenda. Viel zu sehr war ich von dem Thema Holocaust belagert. Das gesamte Schulleben musste man sich mit dem Nazi-Regim, der Judenverfolgung oder den KZ-Lagern beschäftigen. Auch wurde man dazu "gezwungen" sich Gedenkstätten oder Museen zu den Themen anzuschauen, obwohl jeder im Alter zwischen 14-18 Jahren wohl ganz andere Interessen hat als sich Geschichten über Verbrechen anzuhören, die erstens vor langer Zeit geschahen und zweitens mit unserer und der nachfolgenden Generationen nichts zu tun haben. 

Das klingt natürlich sehr danach als ob mir die Vergangenheit egal wären. Aber das ist überhaupt nicht der Fall. Ich bin der schrecklichen Taten durchaus bewusst, ich denke aber auch, dass man den Schülern von heute den Freiraum geben muss und sich selbst mit dem Thema zu beschäftigen. Sicherlich gehört es dazu, dass man ihnen das nötige Wissen vermittelt, aber sollte man es gleich übertreiben und Klassen bzw. Kursfahrten so zu planen, dass man eine große Schülergruppe durch Museen prügelt, die einen geschichtsträchtigen Hintergrund haben und ernst genommen werden sollten? Die Schüler in diesem Alter haben sicherlich ein Interesse an der Geschichte unserer Landes, aber sie damit zu übersättigen macht meiner Meinung keinen Sinn. Die Folgen daraus sind, dass Schüler durch die Gänge rennen, über die verschiedenen kulturellen Güter spotten oder sich einfach lautstark unterhalten ohne sich um ihre Umgebung zu kümmern.

So war es zumindest mal wieder im jüdischen Museum. Draußen 20°C und Sonnenschein und drinnen genervte und gelangweilte Schüler - wer kann es ihnen auch verübeln? Die Frage die man sich stellen müsste, wären wirklich anders gewesen?

Aber von der Pädagogik mal weg und hin zum wesentlichen Teil des jüdischen Museums. Wie erwartet begann das Museum mit einer Mahnung und Erinnerung an die "alte" Zeit. Dabei war der Beginn der Ausstellung alles andere als langweilig. Der Architekt Daniel Liebeskind entwarf einen Neubau, welcher den Besucher in einer fremde, einzigartige Welt eintauchen ließ. 

Geteilt wurde dieser Neubau in drei schiefe Achsen. Die Achse der Kontinuität, die Achse des Exils und die Achse des Holocaust. Alle drei Achsen endeten an einen bestimmten Punkt. Die Achse des Exils endete im Garten des Exils. Einem Ort, der durch eine Vielzahl von gleichmäßig erbauten Blöcken gespickt war. Die Blöcke wurden symmetrisch angelegt. Hinzu kommt, dass der Garten sehr steil angelegt ist und man wirklich Schwierigkeiten mit dem Laufen hat.

Die Achse des Holocausts. An diesem Ort war das Leiden und der Schrecken förmlich spürbar. Weiße Wände und ein schwarzer Fußboden. Keine Farben, keine Emotionen. In den Wänden befinden sich Schaufenster, wo die Exponate ausgestellt sind. Meist sind es die letzten Briefe von KZ-Opfern, die ihren Lieben noch ein letztes Mal eine Nachricht zukommen lassen wollten. Diese Briefe gehen so sehr unter die Haut, dass man das Leiden der Familien spüren kann.

Am Ende der Achse befand sich ein weiterer Raum, der Holocaust-Turm. Der Holocaust Turm ist einer der mehreren Voids im jüdischen Museum. Die Voids stellen einen leeren Raum dar und bis auf den Turm sind sie nicht zugänglich. Vor dem Holocaust-Turm wird man jedoch gewarnt. Er ist nicht klimatisiert, könnte ungeahnte Ängste freisetzen und wird nur durch einen Schlitz in der Außenwand mit Sonnenlicht beleuchtet. 

Im Raum selbst ist es totenstill. Nicht einmal die Geräusche von der anliegenden Straße sind zu hören und obwohl draußen 20°C sind und die Sonne auf diesen Turm scheint, ist es unglaublich kalt. Vielleicht 13°C - wenn überhaupt. Der Turm ist in einem Keil angelegt, die von einer breiten Seite zur Spitze verläuft. Wenn man sich nun vom breiten zum spitzen Punkt geht, dann bemerkt man plötzlich wie eingeengt man sich fühlt. Es wird dunkler, noch stiller und noch kälter. Zahlreiche Interpretationen deuten daraufhin, dass dieser Ort die Gefangenschaft der Holocaust-Opfern nachstellen soll. Architekt Liebeskind hat sich zu dem Turm nicht eindeutig geäußert.

Die Achse der Kontinuität endet mit einer steilen Treppe die zur Dauerausstellung führt. Dort findet man sich in einem üblichen Museum kennen. Das Museum ist zunächst chronologisch angeordnet und informiert den Besucher über die jüdische Kultur, die Besonderheit der Religion, der Bar Mizwa Tradition, jüdischen Persönlichkeiten und natürlich auch über den Antisemitismus. Weniger dramatisch, dafür äußerst interessant wurde die Dauerausstellung kreiert und ist mit zahlreichen Interaktionen bestückt.

Die Dauerausstellung ist zwar nicht so einfühlsam wie die drei Achsen, dafür ist sie sehr groß und detailverliebt. Ohne Ausnahme kann man sich sicherlich einen ganz Tag dort aufhalten, ohne auch nur einmal das Gefühl von Langeweile zu bekommen. Allerdings muss das Interesse an der jüdischen Kultur auch unerschütterlich sein, teils hochlebend und als Minderheit der Welt wird sie dargestellt. Dies soll keine Kritik sein - immerhin möchte jedes Museum einen guten Eindruck hinterlassen, aber etwas Kritik an der eigenen Kultur wäre an der einen oder anderen Stelle doch erwünscht gewesen.

Zusammenfassend waren beide Museen auf ihre Art und Weise interessant, dass eine eine Hommage an die bedeutendste Wurst der Deutschen. Auf der anderen Seite eine interessante Ausstellung, die an ein Verbrechen erinnert, welches auf dieser Welt nie wieder geben darf und gleichzeitig den Besucher eine interessante (fremde) Kultur eintauchen lässt.